Archiv der Kategorie: Gesundheit

Reaktionen auf den 4. Armuts- und Reichtumsbericht

Wie bereits bei Bekanntwerden des Entwurfs (s. Armutsblog vom 4.12.12) sind die Reaktionen auf den nunmehr im Kabinett abgestimmten 4. Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) der Bundesregierung ein ziemliches Desaster für das zuständige Sozialministerium.  Die empörten Reaktionen beziehen sich weniger auf die präsentierte Datenlage als auf den Vorwurf, der Bericht sei „frisiert“ worden – oder wie die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles in Spiegel Online zitiert wird:  „Vor Fälschung wurde hier nicht zurückgeschreckt“. Geschönt wurde vor allem bei der Interpretation der Daten, so wurde bspw. der doch bedeutsame Befund einer sehr ungleichen Verteilung der Privatvermögen auf den Kommentar zu einer Tabelle im hinteren Teil des Berichts reduziert und in den ausschließlichen Kontext einer Ost-West-Spaltung gestellt. „Peinliche Hofberichterstattung“, findet Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband DPW in einer Pressemitteilung, der Tenor bei den anderen Wohlfahrtsverbänden ist ähnlich. Nun bleibt zu hoffen, dass auch die Befunde selbst es in die Berichterstattung schaffen und Strategien zur Überwindung von Armut und Ungleichheit zum Wahlkampfthema werden.

Link zum 4. ARB

Spiegel Online zum Thema

Pressemitteilung des DPW

Bericht zur regionalen Armutsentwicklung

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat soeben seinen aktuellen Bericht zur regionalen Armutsentwicklung mit den Daten aus 2011 vorgelegt. Die Armutsgefährdungsquote habe seit 2006 stetig zugenommen und befinde sich mit 15,1 Prozent auf einem Höchststand seit der Vereinigung. Als „Problemregionen Nummer eins“ bezeichnet der Verband das Ruhrgebiet und Berlin, die nach ihren Berechnungen die schlechteste Fünf-Jahres-Entwicklung zeigten. So kann der Paritätische Wohlfahrtsverband laut ihrer Pressemitteilung zum Bericht auch nicht den Optimismus der Bundesregierung im aktuellen Entwurf für den amtlichen Armutsbericht teilen. Die Armutsquote sei in 2011 so stark gestiegen wie noch nie zuvor, und für die gesunkene Arbeitslosenquote wird eine „zunehmende Amerikanisierung des Arbeitsmarktes“ wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Armutslöhne verantwortlich gemacht. Der Verband fordert daher ein ein armutspolitisches Sofortprogramm mit u. a. Mindestlöhnen, Mindestrenten und einem Mindestarbeitslosengeld I, einem Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, einer Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze sowie einer Reform des Wohngeldes.

Link zum Bericht
Link zur Pressemitteilung

Kontroversen um 4. Armutsbericht der Bundesregierung

Wer den im September kursierenden Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts (s. Armutsblog vo. 26.9.12) mit der jetzigen Kabinettsvorlage vergleicht, kann sich nur die Augen reiben. Wissenschaftliche Befunde zur wachsenden Ungleichheit seien ins Gegenteil verkehrt worden (so die AWO), die Gerechtigkeitsfrage werde nicht mehr gestellt (so die Diakonie) und der Problem- und Handlungsdruck verschleiert (so der DGB). Wer sich selbst ein Bild machen will, liest beide Entwurfsfassungen und/oder die diversen Stellungnahmen der Verbände. Oder amüsiert sich über die vielen Karikaturen in den Zeitungen, die von einer „frisch frisierten“ Arbeitsministerin bis hin zu einer Verfilmung des Armutsberichts „in den Elendsvierteln von Düsseldorf“ reichen.

ARB 4, Kabinettsvorlage
Stellungnahme DGB
Stellungnahme der AWO
Stellungnahme der Diakonie

Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung liegt vor

Der Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung liegt vor und wird derzeit in der Presse sowie Fachöffentlichkeit diskutiert. Die wichtigste Botschaft ist, dass die Ungleichheit in Deutschland wächst. So konzentriert sich das Nettogesamtvermögen auf die Reichen (53 % des Vermögens halten die reichsten 10 % der Bevölkerung, die untersten 50 % der Bevölkerung dagegen haben nur knapp 1 %). Die Armutsgefährdungsquote stabilisiert sich bei 15 %. Zwar sinkt die Zahl der Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen, doch die Zahl der AufstockerInnen („working poor“) wächst. Der Berichtsentwurf ist mehr als 500 Seiten stark, eine Zusammenfassung findet sich auf den Seiten 7-48.

Berichtsentwurf

Neuer Integrationsbericht zeigt weiterhin deutlich erhöhtes Armutsrisiko bei Migrationshintergrund

Wie der zweite „Integrationsindikatorenbericht“ der Bundesregierung zeigt, liegt die Armutsrisikoquote der Bevölkerung mit Migrationshintergrund mit 26,2 % deutlich über der der Gesamtbevölkerung mit 14,5 %. Auch der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer, die auf Mindestsicherungsleistungen angewiesen sind, sei mit 20,9 % mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung (9,4 %), jeweils Stand 2010. Der über 250 Seiten starke Bericht beleuchtet detailliert die Lebenslagen von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Wie die Integrationsbeauftragte Böhmer in ihrem Vorwort feststellt, bestehen noch deutliche Unterschiede zwischen der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund, was die Teilhabe angeht. In vielen Bereichen wie der Bildung seien aber auch deutliche Fortschritte erzielt worden .


Link zum Bericht

Verfestigung der Armut in Deutschland

Der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPW) hat einen Armutsbericht mit den Daten des Statistischen Bundesamtes von 2005 bis 2010 vorgelegt, der eine „Verfestigung der Armut auf Rekordniveau“ (Pressemitteilung DPW) zeigt. So sei die Armut auch in Jahren mit starkem Wirtschaftswachstum nicht zurückgegangen. Einen Negativtrend gebe es in den Bundesländern Berlin und Nordrhein-Westfalen, zudem wird das Ruhrgebiet als neue Armutsregion ausgemacht. Der DPW fordert die Bundesregierung zu einer glaubhaften Bekämpfung der Armut auf, u. a. durch die Erhöhung der Regelbedarfe im SGB II, die Erhöhung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors und die Sicherung der Bildungschancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher.

Link zur Pressemitteilung des DPW
Link zum Armutsbericht des DPW

Der „Datenreport 2011“ ist veröffentlicht!

Der „Datenreport 2011“, der „Sozialbericht über den Zustand der Republik“ (Vorwort) ist veröffentlicht. Der Datenreport erschien erstmalig 1985, zuletzt als „Datenreport 2008“. Es finden sich darin Daten zu den wichtigsten Lebensbereichen des Menschen, vom Einkommen über Arbeit, Gesundheit, Wohnen bis hin zu Partizipation. Insgesamt 15,5 % waren nach dem Bericht 2008 von Armut gefährdet bzw. bedroht, d. h. sie lagen mit ihrem Einkommen unter 60 % des durchschnittlichen Einkommens der Gesamtbevölkerung.

Link zum Datenreport

Rund 70 Euro weniger für behinderte Menschen im Hartz-IV-Bezug

Wie der „Freitag“ bereits Freitag (!) berichtete, soll neben den vielen Kompromissen in den Hartz-IV-Verhandlungen eine Idee von schwarz-gelb lediglich geprüft, nicht aber revidiert werden: Leben erwachsene Behinderte mit ihren Eltern in einem Haushalt oder in einer WG (z. B. weil sie deren Hilfestellung benötigen), erhalten sie nur noch den Angehörigensatz von 80 %, was rund 70 Euro Verlust bedeutet. Eine Schande, wie Ulrike Winkelmann im „Freitag“ feststellt.

Link zum Artikel im „Freitag“

Studie zu Sozialer Gerechtigkeit

„Deutschland hat in Sachen sozialer Gerechtigkeit noch einigen Nachholbedarf.“ So beginnt die Studie im Auftrag der OECD, die die Bertelsmann Stiftung aktuell vorgelegt hat. Stichwörter sind u. a. hohe Armutsquoten, Defizite beim Bildungszugang und Arbeitsmarktinklusion. Empfohlen wird, „sich bei der Suche nach adäquaten Problemlösungsansätzen von erfolgreichen Maßnahmen und
Prioritätensetzungen in anderen Ländern inspirieren zu lassen.“

Link zur Studie

Sparen an den Armen?

Die Schwarz-Gelbe Koalition hat nach ihrer Sparklausur nun verkündet, wie sie das Defizit im Bundeshaushalt verringern will. Wie schon erwartet wurde, wird – vor allem ab 2012 – vor allen bei den Ärmeren gespart: 11 Milliarden sollen Kürzungen bei den Sozialeinsparungen bringen gegenüber 8 Milliarden bei der Wirtschaft. Gespart (bzw. gestrichen) werden soll an den Vermittlungsmaßnahmen für Erwerbslose, den Rentenzuschüssen für Hartz-IV-EmpfängerInnen, den Zuschlägen beim Übergang von Alg I zu Alg II, beim Elterngeld etc. Allerdings soll u. a. auch eine Finanztransaktionssteuer 2 Milliarden Euro einbringen.

Berichte und Kommentare auf:
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